Nicht nur die Arbeiten an unserem 964 targa Restomod – wir berichteten zuletzt – schreiten stetig voran, sondern auch an unserem Volkswagen T1 Bus. Dass er mehr Porsche ist, als die „Samba“-Hülle mit den umlaufenden Panorama-Fenstern zunächst vermuten lässt, ist auf Dauer schwerlich zu verheimlichen. Denn sowohl die Antriebseinheit als auch die Bremsanlage, das Fahrwerk und die komplette Hinterachse entstammen diversen Elfern. Nachdem sämtliche Bohrungen gesetzt und alle Halter angebracht worden sind, ist das schon einmal vormontierte Projekt erneut in sämtliche Einzelteile zerlegt worden. Die nächsten Wochen wird die entlackte Kabine in der KTL-Beschichtung verbringen. Was später in Schwarz und Beige das Flair der guten, alten Zeit ausstrahlen wird, soll so nachhaltig wie möglich ausgeführt werden.
Die Schlagzeilen:
Erstaunliche Parallelen: Die Grundmaße des Volkswagen Bus T1 stimmen mit den letzten beiden Neunelfer-Baureihen mit Luftkühlung überein.
Serien-Sechszylinder-Boxer mit 272 PS: Ein gebrauchter Neunelfer der Generation 993 war in größeren Umfängen der Komponentenspender.
Technologietransfer: Antiblockiersystem, ABS-Sensorik, Kabelbaum und Kraftübertragung sind ebenfalls aus diversen Neunelfern übernommen.
Erinnern Sie sich noch an den Volkswagen Bus T1 der Modelljahrgänge 1975/76, über dessen Neuaufbau in der Werkstatt von AMS Racing zuletzt am 30. April 2023 berichtet worden ist? Selbstverständlich sind die Arbeiten weiter vorangeschritten, zuletzt sind sämtliche Montagen schon einmal erfolgt – vor dem KTL-Beschichten der Karosserie, vor dem Lackaufbau wohlgemerkt. Was auf den ersten Blick vielleicht widersinnig erscheinen mag, ist in Wirklichkeit ein Betrag zu besserer Kosten-Nutzen-Effizienz. „Wenn man so vorgeht“, erklärt Armin Ströder, „muss später keine Leitung mehr verlegt und keine Bohrung mehr gesetzt werden. Und stellen Sie sich nur einmal vor, Sie müssten bei einer frisch lackierten Karosserie noch einmal das Bohrwerkzeug ansetzen – das wäre ganz sicher nicht im Sinne unseres Kunden!“ Dieser wünscht sich einen Anstrich in klassischem Schwarz und Beige – ganz so, wie sein Minibus schon einmal farblich gestaltet worden ist. „Aufgrund des kurzen Radstandes war der trotz seiner eher diskreten 50 PS mehr oder weniger unfahrbar“, erinnert sich Armin Ströder. „Wir haben dem lustigen Gefährt dann erst einmal annehmbare Fahreigenschaften beigebracht.“ Das Resultat muss eindrucksvoll genug gewesen sein, um das Bicolor-Shema auf das neueste Bus-Projekt zu übertragen. Doch bevor es schließlich in die Lackierkabine geht – mit allen Leitungen und Bohrungen, versteht sich – steht zunächst die kathodische Tauchlackierung (kurz: KTL) auf der Agenda. Dabei handelt es sich um ein elektrochemisches Verfahren, bei dem das Objekt in einem Bad aus wässrigem Tauchlack unter einer Gleichspannung von bis zu 400 Volt und 4.500 Ampere beschichtet wird. „Dieser Prozessabschnitt, der natürlich außer Haus von einem spezialisierten Betrieb ausgeführt wird, kann schon einige Wochen in Anspruch nehmen“, stellt Armin Ströder fest, „anschließend geht dann alles recht schnell.“
Die Antriebseinheit ist schon einmal probehalber im Hinterbau des VW T1 platziert worden. Während es sich beim Sechszylinder-Boxermotor um ein originales Serien-Aggregat aus einem Neunelfer der Modellgeneration 993 mit 272 Original-PS handelt, stammt das Sechsgang-Schaltgetriebe vom 911 GT3 des Typs 996. Hintergrund: Um die Schaltkulisse, nach oben versetzt, in unmittelbarer Nähe des Lenkrades anordnen zu können, kam einzig die beim GT3 der zweiten Serie eingeführte Seilzug-Betätigung in Frage. Nur so konnte der Schalthebel ergonomisch sinnvoll positioniert werden. Ebenfalls aus dem Teilespender des Sechszylinder-Boxermotors übernommen ist der komplette Kabelbaum einschließlich der Leitungsführung für das ABS. „Sie haben schon richtig verstanden“, verweist Armin Ströder, „wir haben nicht nicht nur das Antiblockiersystem aus dem 993 übernommen, sondern auch die gesamte Bremsanlage.“ Gleichsam konnte das KW-Gewinde-Sportfahrwerk der Variante 3 ebenso wie der Rädersatz von einem 911 mit Gebläse-Luftkühlung übernommen werden. „Die Maße sind mit denen des VW Bus annähernd identisch“, weiß Armin Ströder, „die Vorderachse ist im Vergleich zum Neunelfer sogar etwas breiter.“ Allein die Bremsleitungen mussten angepasst werden. „Das alles muss man wissen“, lacht der langjährige Motorsport-Mechaniker mit zwölf Spielzeiten Berufspraxis an den Rennstrecken. „Das alles begann vor einigen Jahren durch ein Bus-Projekt, das mein Sattlermeister in Waldbröl für einen Felgenproduzenten in der Bearbeitung hatte. Ich bekundete mein Interesse und stieg tiefer in die Materie ein.“ Ungeachtet aller Erfahrung kommt es bei Individualaufbauten dieser Größenordnung immer wieder auch zu besonderen Herausforderungen. Eine betraf die Aufnahme der vorderen Federbeine, eine bei KW Automotive in Fichtenberg in Auftrag gegebene Sonderanfertigung schuf Abhilfe. Eine zweite Hürde baute sich in Gestalt der Winkelstellung der Lenksäule auf, doch auch hier fand sich eine praktikable Lösung: „Wir haben das Winkelgetriebe von einem T3 eingebaut“, setzt sich der Rapport fort.
Auch das nachgerüstete Samba-Dach mit seinen umlaufenden Panorama-Fenstern gehört zum großen Umfang. Eins stellt der Projektleiter jedoch klar: „Einen Porsche fährt man wie einen Porsche, einen Bus mit Porsche-Technik fährt man eben anders – selbst wenn sehr viele Komponenten dieselben sind.“ Und sonst? Der 964 targa im AMS-eigenen Restomod-Look nähert sich weiter seiner Fertigstellung. Zurzeit gilt das Hauptaugenmerk dem aufwändig gestalteten Interieur. Auch zu diesem Sonderaufbau werden wir Sie wie gewohnt auf dem Laufenden halten.
Verantwortlich für Inhalt und Fotografie: netzwerkeins GmbH, Carsten Krome
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